Schonmal daran gedacht, was alles passieren muss, bis man als Spenderkind überhaupt Unterhalt/Erbschaft bekommen KÖNNTE?
Zunächst müsste man die Vaterschaft des eventuell eingetragenen Vaters aberkennen lassen, dann die Vaterschaft des Spenders anerkennen lassen - alles vor Gericht und ebenfalls mit Kosten verbunden (da es ja hier schon ums Geld geht).
Des Weiteren geht das Aberkennen der Vaterschaft nur 2 Jahre nach Vollendung der Volljährigkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand seinen wirklichen (sozialen) Vater die Vaterschaft nehmen würde. Niemand würde diesen Weg gehen.
UND, schon mal daran gedacht, dass auch Kinder den Vater eventuell Unterhalt zahlen müssen? Dass, wenn dieser Hartzer wäre, von seinem Spenderkind finanziert würde? Da hätte ich genauso wenig Lust drauf, wie ein Spender Interesse daran haben wird, mein Studium zu finanzieren.
Ich kenne viele Spenderkinder, rund 50, und nicht eines pflegt solche Intentionen.Sprich: Diese Angst ist unbegründet, jedoch theoretisch umsetzbar. Einzige Lösung, um dem bestehenden Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gerecht zu werden, wird es sein, ein Gesetz zu entwerfen, in dem Spender vor finanziellen Forderungen geschützt werden, aber Spenderkinder im Gegenzug die Daten bekommen könnten.
Es darf einfach nicht darum gehen eine Familie zu produzieren, die eine Lüge lebt. Es geht doch vielmehr darum, den Wunsch zu erfüllen, mit dem Wissen, dass das entstehende Kind eine liebevolle Familie bekommt, obwohl es mit einem Teil nicht verwandt ist. Es sollte darum gehen, den Vater als Figur neu zu begreifen. Es kommt dabei nicht auf Genetik an. Kinder müssen in diesem Glauben aufwachsen, gewünscht zu sein, von ganzem Herzen. Sie sollen nicht belogen werden und auch nicht von Ärzten oder dummen Verträgen aufgehalten werden können, ihre Wurzeln zu sehen. Mehr möchte man gar nicht. Weder Geld, noch einen Vater, noch eine Familie zerstören oder sogar die eigene belasten.
Hier mal alles etwas juristisch ausgedrückt
Anfechtung der Vaterschaft durch das Kind
Jedes durch Samenspende gezeugte Kind kann dagegen die Vaterschaft des Wunschvaters aufgrund von § 1600 Absatz 1 Nr. 4 BGB anfechten. Die Anfechtung muss allerdings innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen. Diese beträgt nach § 1600 b Absatz 3 BGB zwei Jahre ab dem Zeitpunkt, in dem das Kind von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Das wäre wohl die Kenntnis von der Zeugung durch Samenspende. Erfährt das Kind diese Umstände vor seinem 18. Geburtstag, beginnt die Frist erst mit Erreichung der Volljährigkeit an zu laufen. Das Kind kann also anfechten, bis es 20 wird. Auf das Anfechtungsrecht kann das Kind nicht verzichten.
Bei erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung werden alle verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem bisherigen Vater beseitigt. Damit hat das Kind auch keine Unterhalts- und Erbansprüche mehr gegen den bisherigen Vater. Kann der genetische Vater nicht festgestellt werden, ist das Kind rechtlich gesehen vaterlos.
Feststellung der Vaterschaft des Samenspenders
Wenn das Kind, das aus einer donogenen Insemination entstanden ist, keinen rechtlichen Vater (mehr) hat, könnte der Samenspender nach § 1592 Nr. 3 BGB gerichtlich auf Antrag als Vater festgestellt werden. Möglich ist das also nur bei Kindern, welche die Vaterschaft des Wunschvaters erfolgreich angefochten haben, und bei Kindern lediger Mütter, bei denen kein anderer Mann die Vaterschaft anerkannt hat. Für die Feststellung gelten im Gegensatz zu der Anfechtung keine Fristen, sie kann also auch nach 40 Jahren noch erfolgen. Wenn das Kind nicht weiß, wer der Spender ist, kann aber natürlich auch niemand gerichtlich als Vater festgestellt werden.
Wenn der Spender gerichtlich als Vater festgestellt wird (und auch erst dann!), hat das Kind Unterhalts- und Erbansprüche gegen ihn. In diesem Fall hätte der Spender aber grundsätzlich die gleichen Ansprüche auch gegen das Kind, da sie ja als direkt verwandt gelten. Wenn das Kind also irgendwann einmal einen gut bezahlten Job hat und der Spender notleidend wird, könnte er bei einer gerichtlich festgestellten Vaterschaft auch Unterhaltsansprüche gegen das Kind stellen.
Bisher ist in Deutschland jedoch noch nie ein Spender gerichtlich als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt und deswegen zu Unterhaltszahlungen verurteilt worden. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Spender wahrscheinlich dafür Schadensersatz von der Stelle fordern, bei der er gespendet hat, da er vermutlich nur über die biologischen Folgen seiner Spende aufgeklärt wurde, nicht aber über die damit verbundenen rechtlichen Risiken.
Hat das Kind einen rechtlichen Vater und ist die Anfechtungsfrist abgelaufen, muss der Spender also nichts befürchten. Genauso wenig muss ein Kind Unterhaltsansprüche des Spenders befürchten, da diese erst dann gestellt werden können, wenn die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.
Die Vaterschaftsfeststellung kann juristisch nicht ausgeschlossen werden, das Kind kann noch nicht einmal selbst darauf verzichten. Die Eltern können wegen des Verbots eines Insichtsgeschäfts in § 181 BGB auch nicht für das Kind auf den Unterhaltsanspruch gegen den Spender verzichten, der nach einer Vaterschaftsanfechtung und -feststellung entstehen würde.
Die einzige juristische Möglichkeit, den Spender vor der Unterhaltsverpflichtung für das durch ihn gezeugte Kind zu schützen, ist ein Beitritt der Wunscheltern zu der möglicherweise einmal entstehenden Unterhaltsschuld des Spenders gegenüber dem Kind. Die Erklärung eines solchen Beitritts muss mit einer Freistellungsvereinbarung zwischen den Wunscheltern und dem Spender verbunden werden, die besagt, dass immer zuerst die Wunscheltern den Unterhalt zahlen. Damit trägt der Spender jedoch immer noch das Risiko, dass die Wunscheltern der Unterhaltspflicht nicht nachkommen können. Ein Anspruch des Kindes auf den Erbpflichtteil des Spenders ensteht bei der Vaterschaftsfeststellung aber auf jeden Fall. Es ist juristisch umstritten, ob dies den Spender oder seine Angehörigen zu Schadensersatzforderungen gegenüber den Wunscheltern oder dem Arzt berechtigt.
Kann der behandelnde Arzt dem Kind den Namen des Spenders nicht nennen, weil er die Unterlagen vernichtet oder anonymisiert hat, macht er sich gegenüber dem rechtlich vaterlosen Kind schadensersatzpflichtig (s. u.), da dem Kind hieraus wegen der entfallenden Unterhalts- und Erbansprüche ein Vermögensschaden entsteht. Auch dieser Fall ist vor deutschen Gerichten bisher noch nicht entschieden worden
Das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung
In einem Urteil am 31.1.1989 hat das Bundesverfassungsgericht das Recht eines Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung anerkannt, hier allerdings im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch eines nichtehelichen Kindes. Dieses Recht folgt aus dem Grundrecht des Allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit der Würde des Menschen aus Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz. Es war jedoch schon seit mehreren Jahrzehnten herrschende juristische Meinung, dass es ein solches Recht gibt.
Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Recht folgendermaßen begründet: "Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde sichern jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann. Verständnis und Entfaltung der Individualität sind aber mit der Kenntnis der für sie konstitutiven Faktoren eng verbunden. Zu diesen zählt neben anderen die Abstammung. Sie legt nicht nur die genetische Ausstattung des Einzelnen fest und prägt so seine Persönlichkeit mit. Unabhängig davon nimmt sie auch im Bewusstsein des Einzelnen eine Schlüsselstellung für Individualitätsfindung und Selbstverständnis ein. Insofern hängt der Persönlichkeitswert der Kenntnis auch nicht von dem Maß an Aufklärung ab, das die Biologie derzeit über die Erbanlagen des Menschen, die für seine Lebensgestaltung bedeutsam sein können, zu vermitteln vermag. Bei Individualitätsfindung und Selbstverständnis handelt es sich vielmehr um einen vielschichtigen Vorgang, in dem biologisch gesicherte Erkenntnisse keineswegs allein ausschlaggebend sind. Als Individualisierungsmerkmal gehört die Abstammung zur Persönlichkeit, und die Kenntnis der Herkunft bietet dem Einzelnen unabhängig vom Ausmaß wissenschaftlicher Ergebnisse wichtige Anknüpfungspunkte für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Daher umfasst das Persönlichkeitsrecht auch die Kenntnis der eigenen Abstammung."
Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung verleiht kein Recht auf Verschaffung von Kenntnissen der eigenen Abstammung, sondern kann nur vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen schützen. Als Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts muss das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung bei der Auslegung von Gesetzen berücksichtigt werden, da die Grundrechte nach der Lüth-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine objektive Werteordnung mit Ausstrahlungswirkung auf das gesamte Rechtssystem darstellen.
Die Gültigkeit von Anonymitätsvereinbarungen
In vielen Kliniken wird die Anonymität des Spenders per Vertrag zwischen dem Spender und der Klinik und der Klinik und den Eltern festgehalten. Diese Anonymitätsgarantie gilt jedoch nicht in Beziehung zu dem Kind, da diese Vereinbarung einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich des Kindes, darstellt. Verträge zu Lasten Dritter sind im deutschen Zivilrecht jedoch grundsätzlich unzulässig. Weil die Anonymitätsvereinbarung Grundrechte des Kindes verletzt, dürfte sie außerdem wegen Sittenwidrigkeit als nichtig nach § 138 Absatz 1 BGB einzuordnen sein. Dies wurde vom Amtsgericht Essen auch schon einmal dementsprechend entschieden - allerdings nur in dem Zusammenhang, dass die Eltern das für den Behandlungsvertrag gezahlte Geld wegen der Nichtigkeit des Vertrages zurück erhalten wollten. Auch wenn in dem Vertrag der Wunscheltern mit der Klinik steht, dass das Kind keinen Anspruch hat zu erfahren, wer der Spender ist, ist eine solche Vereinbarung unwirksam!
Anspruch des Kindes auf Erhalt der Spenderdaten
Wenn die Daten über die Behandlung der Mutter mit der Zuordnung zum Spender noch vorhanden sind, hat das Kind einen Anspruch darauf, Zugang zu diesen Informationen zu erhalten, und zwar aus den eher allgemein formulierten Ansprüchen des § 810 oder § 823 Absatz 1 BGB. Einen ausdrücklichen formulierten Gesetzesanspruch für Spenderkinder gibt es aber nicht.