Kinder von drei Elternteilen - wie geht das?

Was im ersten Moment nach Zukunftsmusik klingt, ist im Labor schon möglich: ein Kind von drei Elternteilen. In Großbritannien denkt die Regierung nun darüber nach, eine solche Methode generell zu erlauben. Der Grund: Erbkrankheiten sollen vermieden werden.

Die Amtsleiterin des britischen Gesundheitsamtes, Sally Davies, hält es für richtig, "diese lebensrettende Methode" so schnell wie möglich einzuführen und somit die Weitergabe von Erbkrankheiten zu verhindern. Durchschnittlich leidet eines von 5.000 bis 10.000 Neugeborenen an einer so genannten Mitochondriopathie, die unter anderem zu Herzerkrankungen, Diabetes und Nierenversagen führen kann. Dabei sind die Mitochondrien, die eine Art Zellkraftwerk innerhalb des Zellkerns sind und über eigenes Erbgut verfügen, defekt. Bei einer natürlichen Befruchtung wird dieses natürliche Erbgut der Mitochondrien aber automatisch von der Mutter an das Kind weitergegeben.

Die von Sally Davies geforderte Methode verhindert die Weitergabe, indem bei der betroffenen Patientin zunächst der Zellkern aus einer unbefruchteten Eizelle entnommen und das Kern-Erbgut isoliert wird. Dieser nicht defekte Teil des Zellkerns wird nun in die Eizelle einer gesunden Spenderin, deren Zellkern zuvor entfernt wurde, übertragen. Diese Zelle enthält dann zwar die chromosomale DNA der Patientin, die für das Aussehen und die Eigenschaften des Kindes verantwortlich ist, gleichzeitig aber auch die gesunde mitochondriale DNA der Spenderin.

Nach der Eizellenbefruchtung mit dem Sperma des Vaters wird der Embryo wie bei einer künstlichen Befruchtung der Frau mit der Erbkrankheit eingepflanzt. Der gesunde DNA-Teil macht bei dem so gezeugten Embryo lediglich 0,2 Prozent der gesamten Erbsubstanz aus. Die Spenderin könnte bei diesem Verfahren laut Davies vollkommen anonym bleiben und wäre auch per Gentest nicht aufspürbar.

Bisher ist es in Großbritannien lediglich zu Forschungszwecken erlaubt, menschliche Eizellen oder ein Embryo zu verändern, bevor die Zellen einer Frau eingepflanzt werden. Doch obwohl nach Expertenmeinung vermutlich nur ein geringer Teil der Frauen diese Methode nutzen würden, will die britische Regierung noch in diesem Jahr Entwürfe zu einer möglichen neuen Richtlinie veröffentlichen. Vor einem entsprechenden Gesetz würde eine endgültige Version dann im kommenden Jahr im Parlament diskutiert.

Die Einführung dieser Methode wäre in Deutschland erheblich schwerer als in Großbritannien, da die deutschen Gesetze diesbezüglich strenger sind und beispielsweise auch die bei den Briten erlaubte Eizellspende verbieten. 

Quelle: http://www.frauenzimmer.de/cms/kinderstube/kinderwunsch/kuenstliche-befruchtung/kinder-von-drei-elternteilen-grossbritannien-will-es-erlauben-2ff2f-b1cb-20-1551678.html

Kommentare dazu:

 

Die Methode ist umstritten. In Deutschland ist sogar die einfache Eizellspende verboten. Die britische Gesetzgebung untersagte bisher, dass eine menschliche Eizelle oder ein Embryo verändert werden darf, bevor sie eingepflanzt werden. Genau das soll Ende des Jahres geändert werden. Die ersten Kinder könnten bereits 2015 geboren werden. Kritiker warnen davor, dass damit eine Grenze überschritten wird, die zu einem Markt für Designer-Babys führen könnte.

Quelle: http://www.bz-berlin.de/aktuell/panorama/ab-2015-designer-babys-aus-england-article1700892.html

IMABE: Kind mit drei genetischen Eltern ein "enormer Rückschritt"
 

London-Wien, 29.06.2013 (KAP) Als "enormen ethischen Rückschritt" hat das Wiener Institut für medizinsiche Anthropologie und Bioethik (IMABE) jene Form der Erbgutmanipulation bezeichnet, deren Einführung Großbritannien am Freitag beschlossen hat. Künftig gibt es hier unter bestimmten Voraussetzungen die künstliche Befruchtung mit dem genetischen Erbgut von zwei Müttern und einem Vater, wodurch Paare mit einer mitochondrialen Erkrankung Chance auf ein gesundes Kind bekommen sollen. Der Kern einer Eizelle der erbkranken Mutter wird bei diesem Verfahren in die Eizelle einer Spenderin gegeben, der man zuvor sämtliche genetische Informationen außer den Mitochondrien entnommen hat; das Ergebnis wäre ein Kind mit der DNA von drei Personen.

IMABE-Geschäftsführerin Susanne Kummer warnte am Samstag gegenüber "Kathpress" vor der Methode, die ein "Eingriff in die Keimbahn auf Kosten künftiger Generationen" sei: Nicht nur individuell um das entstehende Kind nach dessen Geburt gehe es, sondern auch um die "unabsehbaren Folgen für dessen Nachkommen in ihrer Genetik". Da es schon bei über In-Vitro-Fertilisation gezeugten Kindern Hinweise für höhere Anfälligkeit für manche Krankheiten gebe, experimentiere das nun genehmigte Verfahren erst recht mit "hochexplosivem Material". "Kein Medikament oder keine Energieerzeugungsart würde eine derartige Unsicherheit in Kauf nehmen", betonte Kummer.

Aus Perspektive der Frauen werde durch das in Großbritannien angestrebte Verfahren laut der IMABE-Geschäftsführerin "ein neuer Markt für die Eizellenspende kreiert", der zahlreiche Gefahren berge: So sei bisher etwa bekannt, dass Frauen kaum über Nebenwirkungen der teils gefährlichen Hormonstimulation aufgeklärt werden. Gefördert werde weiters die Ausbeutung der Frauen in Notsituation, die in erster Linie aus finanziellen Gründen ihre Eizellen spenden.

Eine zusätzliche ethische Perspektive sei, dass es "der Würde des Menschen gebührt, dass er nicht von Menschenhand gemacht und in seiner Existenzgrundlage manipuliert ist", führte Kummer aus. "Ethik kann nicht nach Regeln des Marktes funktionieren, sondern dient zum Schutz der Würde des Menschen."

Experimente seit 2005

Bereits seit 2005 experimentieren britische Wissenschaftler mit Embryonen mit Erbkrankheiten, bei denen die im Plasma der Eizelle befindlichen Mitochondrien, die als "Energiekraftwerke der Zellen" fungieren und auch eigenes Erbgut enthalten, einen Gendefekt enthalten, was laut Schätzungen bei einem von 5.000 bis 10.000 Neugeborenen vorkommt. 2010 wurde erstmals das Erbgut eines Embryo-Zellkerns, das durch das männliche Sperma und die Eizelle einer Frau mit bisher unheilbarer Mitochondriopathie entstanden war, in die entkernte Eizelle einer zweiten Frau eingesetzt. 40 Prozent der so erzeugten Embryonen entwickelten sich weiter, wurden aber später im Rahmen der Forschung getötet.

Das von der britischen Regierung nun genehmigte Verfahren, das in Großbritannien in zwei Jahren verfügbar sein soll, ist in der Wissenschaft seit Anfang an höchst umstritten. Die Technik sei "unnötig, unsicher und von den meisten Begutachtern zurecht abgelehnt", zitiert die BBC etwa David King von "Human Genetics Alert". King bezeichnete es als "Grenzüberschreitung", die in letzter Konsequenz zu einem Markt für eugenische Designer-Babys führen werde.

In einer bereits im März erstellten Einschätzung berief sich das IMABE-Institut auf einen Brief von 30 internationalen Bioethikern, die sich gegen dieses Verfahren aussprachen, an die Londoner "Times". "Es wäre das erste Mal, dass vorsätzlich genetische Veränderungen von Kindern und deren Nachkommen ausdrücklich zugelassen würden. Damit wäre das Tor für weitere genetische Veränderungen von Menschen mit unabsehbaren Folgen geöffnet", so die Warnung der Ethiker.

"Schwerwiegender Präzedenzfall"

Jegliche Manipulation der Keimbahn zum Zweck der Fortpflanzung wurde in zahlreichen internationalen Abkommen untersagt, erinnerten die Experten in ihrem damaligen Schreiben. Großbritannien, das diese Abkommen ebenfalls unterzeichnet hatte, würde nun im Alleingang einen "schwerwiegenden Präzedenzfall" schaffen, zudem komme hier auch noch das Problem der Eizellenspende und der dadurch wachsenden Ausbeutung von Frauen hinzu. Bereits im Oktober 2012 hatte ein Forscherteam aus den USA in der Fachzeitschrift "Nature" von ähnlichen Experimenten berichtet, für die zur Herstellung von 13 keimbahnmanipulierten Embryonen insgesamt 106 Eizellen von Frauen nötig gewesen waren.

Zweifel gibt es jedoch auch an der Empfehlung durch die oberste Regulierungsbehörde Großbritanniens für Fortpflanzungsmedizin, die ebenfalls im März erfolgt war und eine entscheidende Grundlage für die aktuelle Freigabe bildete. Die "Human Fertilisation and Embryology Authority" (HFEA) berief sich in diesem Schreiben unter anderem auf "breite Unterstützung" für dieses Verfahren, die eine Online-Befragung in der Bevölkerung gezeigt habe. Das in Kalifornien ansässige "Center for Genetics and Society" kritisierte, dass die Daten "irreführend" und offenbar auf ein gewünschtes Ergebnis hin interpretiert seien: Ein genauerer Blick auf die Umfrage zeige, dass eine Mehrheit im Grunde gegen die Herstellung von Drei-Elternteile-Kindern sei. 

Quelle: http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/55636.html

 

 

 

 

 

 

 

 

05.07.2013 | 1408 Aufrufe

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