Der "Vater der Retortenbabys" ist tot

Robert G. Edwards ist der Pionier der künstlichen Befruchtung. Er schaffte es, im Reagenzglas Eizellen zu befruchten – dafür erhielt er 2010 den Medizin-Nobelpreis. Nun ist er mit 87 Jahren gestorben. Von Pia Heinemann

Robert Geoffrey Edwards hat Millionen Kindern Leben geschenkt. Der Physiologe war der erste, dem es gemeinsam mit dem Gynäkologen Patrick Steptoe gelang, im Reagenzglas Eizellen mit Spermien zu befruchten. So ließen die beiden Leben im Labor entstehen.

Damit half er Millionen Eltern, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen konnten. Nach Angaben der Universität von Cambridge starb Edwards am Mittwoch im Alter von 87 Jahren nach langer Krankheit.

Robert Edwards wollte bereits vor 50 Jahren Paaren, die keine Kinder bekommen können, mit Hilfe der modernen Labormedizin helfen. "Seine Erfolge haben eine Behandlung der Unfruchtbarkeit möglich gemacht", begründete die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften ihm Jahr 2010 ihre Entscheidung, ihm den Nobelpreis zu verleihen.

Es handle sich "um einen Meilenstein in der Entwicklung der modernen Medizin".

Unverdrossener Experimentator

Schon 1960 ließ Edwards die Unfruchtbarkeit von Paaren keine Ruhe. Er glaubte fest daran, dass es möglich sein müsse, Leben im Reagenzglas zu schaffen. Eine Gynäkologin konnte er soweit von seiner Idee begeistern, dass sie ihm Eizellen und Teile von Eierstöcken lieferte, die er dann im Labor kultivieren und zu befruchten versuchte.

1965 ließ er dann drei Eizellen heranreifen und befruchtete sie mit seinem eigenen Sperma.

Ab 1968 wurde er von dem Gynäkologen Patrick Steptoe unterstützt. Obwohl sie zunächst viele Misserfolge hinnehmen mussten, experimentierten beide unverdrossen weiter. Bis 1976 konnten sie allerdings nur eine Eileiterschwangerschaft als Erfolg vermelden.

Vater der Retortenbabys

Am 12. November 1977 schließlich setzen die Ärzte Lesley Brown einen aus acht Zellen bestehenden Embryo, der im Reagenzglas herangewachsen war, ein. Bei der Untersuchung vier Monate später zeigte sich: mit der Schwangerschaft war alles in Ordnung, Lesley und ihrem ungeborenen Kind ging es gut.

Am 25. Juli 1978 wurde schließlich Louise Brown per Kaiserschnitt geboren – sie war der erste Mensch, der durch die von Robert Edwards entwickelte Methode geboren wurde.

Wegen dieses bahnbrechenden Erfolges wurde Edwards auch als "Vater der Retortenbabys" bezeichnet.

Kritik an der Retortenmedizin

Mike Macnamee, Chef der von Edwards und Steptoe gegründeten Fruchtbarkeitsklinik "Bourn Hall" in Cambridge erklärte, Edwards Arbeit haben "die Leben von Millionen Menschen weltweit" verbessert. Alle, die mit ihm gearbeitet hätten oder von ihm behandelt wurden, würden Edwards in guter Erinnerung behalten.

Edwards, der 1925 in Manchester geboren wurde, gilt heute als der Begründer der der Retortenmedizin. Und er gilt als ein Mensch, der sich gegen Widerstände durchzusetzen gewohnt war. So wurden seine Befruchtungsexperimente auch von namhaften Forschern immer wieder kritisiert: James Watson, der den Nobelpreis für seine Entdeckung der Doppelhelixstruktur der DNA erhielt, warf Edwards 1970 vor, er könne mit seiner Forschung nur weiter machen, wenn er Infantizid, also Kindstötung akzeptiere.

Aber Edwards erwiderte unverdrossen: "Dogmen, entweder kommunistischen oder christlichen Ursprungs, die in die Biologie eingedrungen seien, hätten nichts als Schaden angerichtet."

Eklat um Nobelpreisverleihung

Weltweit sind mehr als zehn Prozent aller Paare von Unfruchtbarkeit betroffen. Die "In-Vitro-Fertilisation" (IVF) kann vielen dieser Paare helfen. Mittlerweile wurden über fünf Millionen Kinder mit IVF gezeugt.

Um die Verleihung des Nobelpreises an Edwards gab es 2010 einen Eklat, da die schwedisches Zeitung "Svenska Dagbladet" bereits einen Tag vor der offiziellen Verkündung den Namen von Edwards als Gewinner veröffentlichte. Die Zeitung nannte ihre Quellen allerdings nicht.

Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/article115177673/Der-Vater-der-Retortenbabys-ist-tot.html

 

10.04.2013 | 1553 Aufrufe

Kommentare