Es ist drei Jahre her, dass die heute 21-jährige Sarah P. von ihrer Mutter erfuhr, dass der Mann, den sie als ihren Vater kennt, nicht ihr Erzeuger ist. Wegen seiner Unfruchtbarkeit ist sie mittels einer Samenspende gezeugt worden. Wie ihr geht es in Deutschland ca. 100.000 Kindern, die seit 1970 nach einer heterologen Insemination zur Welt kamen.

Nun verlangt sie von dem Essener Mediziner, in dessen Gemeinschaftspraxis die Samenspende vor 22 Jahren stattfand, die Herausgabe des Spendernamens und Schadensersatz für den Fall der nicht fristgerechten Nennung. Vor dem Landgericht (LG) Essen unterlag die Sauerländerin noch (Urt. v. 07.02.2012, Az. 2 O 260/11). Die Zusicherung der Klinik an den Samenspender, seine Anonymität zu wahren, und sein informationelles Selbstbestimmungsrecht gingen vor, entschieden die Essener Richter.

OLG Hamm: Arzt muss auch nach Informationen recherchieren

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hingegen hat Sarah P. nun Recht gegeben. Die Berufungsrichter entschieden, dass sie einen Anspruch gegen den Mediziner auf Herausgabe des Namens hat. Auch mit seiner Argumentation, dass die Daten ihm nicht mehr vorlägen, war der Arzt nicht erfolgreich. Bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der Senat mitgeteilt, von seinen teilweise widersprüchlichen und im Laufe der Zeit wechselnden Aussagen nicht überzeugt zu sein.

Nun kann Sarah P. ihren Auskunftsanspruch sogar mit staatlicher Hilfe durchsetzen, auch wenn der beklagte Fortpflanzungsmediziner sich weiterhin
darauf beruft, dass die Daten zu dem Fall nicht mehr vorlägen. Der Mediziner muss aber nun auch frühere Mitarbeiter befragen und eine umfassende Recherche nach den Unterlagen veranlassen.

Weigert er sich weiter, den Namen der drei in Betracht kommenden Väter zu nennen, drohen ihm Zwangsgeld und Zwangshaft. Markus Goldbach, der Anwalt von Sarah P., der sich nach der Urteilsverkündung erleichtert zeigte, hat bereits angekündigt, nun die entsprechenden Schritte beim Landgericht Essen einzuleiten.

Das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung

In der Sache überraschend ist das Urteil aus Hamm nicht. Nicht nur Sarah P. ging schon vor der Hammer Entscheidung davon aus, dass diese ihr den Auskunftsanspruch zubilligen würde.

Bereits mit Urteil vom 31. Januar 1989 (Az. 1 BvL 17/87) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Anspruch eines Kindes auf gerichtliche Klärung seiner Abstammung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angesehen.

Im Verhältnis zur Mutter (BVerfG, Beschluss vom 06.05.1997, Az. 1 BvR 409/90) muss allerdings dieses Recht mit deren ebenfalls verfassungsmäßig geschütztem Recht auf Achtung ihrer Privat- und Intimsphäre abgewogen werden. Bei diesem Ausgleich muss berücksichtigt werden, dass das Kind die Auskunft über seinen genetischen Vater zur Identitätsfindung benötigt.

Kinder ohne Wurzeln und das deutsche Recht

Auch die aktuellen Wertungen des Gesetzgebers sprechen eine deutliche Sprache. Adoptivkinder können nach Vollendung des 16. Lebensjahres Einsicht in die Urkunden beim Standesamt nehmen, aus denen sich ihre  wirklichen Eltern ergeben (§ 63 Abs. 1 Personenstandsgesetz, PStG), die Unterlagen muss das Standesamt 110 Jahre lang aufbewahren. Ein per Samenspende gezeugtes Kind ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einem adoptierten ähnlich (BGH, Urt. v. 03.05.1995, Az. XII ZR 29/94).

Nicht nur der Vater, sondern auch das Kind kann außerdem nach § 1598a Bürgerliches Gesetzbuch verlangen, dass seine Eltern in eine genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen, um seine leibliche Abstammung zu klären - und zwar jederzeit und ohne Befristung. Trotz dieser eindeutigen Bekenntnisse des Gesetzgebers zum Recht des Kindes, über seine eigene Abstammung Bescheid zu wissen, wollen Juristen ihm teilweise einen Auskunftsanspruch hinsichtlich des Namens seines Spendervaters jedenfalls dann versagen, wenn es einen gesetzlichen Vater hat.

Auf diesen Aspekt der rechtlichen Familie stellen einige Familienrechtler ab. Insofern könnte es sein, dass andere Oberlandesgerichte in Parallelfällen abweichend vom  OLG Hamm entscheiden, das die Revision nicht zugelassen hat. Eine Beschwerde gegen das Urteil aus Westfalen bleibt jedoch möglich.

Das Persönlichkeitsrecht des Spenders und die ärztliche Schweigepflicht

Gegen den Arzt, der heterologe Inseminationen vornimmt, besteht ein Auskunftsanspruch. Er darf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung nicht dadurch vereiteln, dass er sich auf seine ärztliche Schweigepflicht und die Zusage beruft, dem Samenspender Anonymität zugesagt zu haben oder dem Kind Informationen vorenthält.

Auch die Unterlagen über den Namen des Spenders dürfen die Reproduktionsmediziner nicht sofort vernichten. Allerdings weichen die diesbezüglichen Aufbewahrungsfristen erheblich von denen der Standesämter ab und betragen derzeit lediglich 30 Jahre.

Ärzte, die eine Auskunft über die Person des Samenspenders verweigern oder die entsprechenden Aufzeichnungen nur unzureichend führen, machen sich gegenüber dem betroffenen Kind schadenersatzpflichtig. Dieser Schadensersatzanspruch droht dem beklagten Arzt auch, wenn er seine Recherche nicht mit der gebotenen Sorgfalt vornimmt. Der Umstand, dass er nach früherer Rechtslage die Unterlagen über die Samenspender möglicherweise nur zehn Jahre aufbewahren musste, hilft ihm nichts.

Das OLG Hamm weist darauf hin, dass der Mediziner auch zum Zeitpunkt der Insemination bereits mit Anfechtungs- und Auskunftsrechten der Samenspenderkinder hätte rechnen müssen. Er darf seine Nachforschungen daher nicht auf noch vorhandene Unterlagen beschränken.

Unterhalts- und Erbansprüche der Spenderkinder

Sarah P. betont wie wohl die meisten der Kinder, die sich auf die Suche nach ihrem Spendervater begeben, dass sie ihren Erzeugern gegenüber keine Unterhaltszahlungen oder erbrechtliche Ansprüche geltend machen will. In erster Linie will sie nach eigenen Angaben wissen, woher sie kommt, von wem sie beispielsweise ihre Augen oder bestimmte Verhaltensweisen hat. Dieser Wunsch entspricht der Rechtsprechung des BVerfG, das auf die Identitätsfindung der Spenderkinder abstellt.

Dennoch gehen Samenspender, die nach der Entscheidung des OLG Hamm nicht mehr anonym bleiben können, ein erhebliches Risiko ein. Nach Kenntnis von ihrem genetischen Vater können die Spenderkinder die Vaterschaft ihres rechtlichen Vaters anfechten und dann die des Spenders gerichtlich feststellen lassen.  Dieser ist seinem Kind dann unterhaltspflichtig und muss dessen Erb- und Pflichtteilsansprüche akzeptieren.

Notarielle Kinderwunschverträge, in denen sich die Eltern verpflichten, gegenüber dem Kind die Art seiner Zeugung und den Namen der beteiligten Ärzte beziehungsweise der Kinderwunschklinik geheim zu halten, sind insoweit als Vertrag zulasten des Kindes nichtig.

Gefährliche Samenspende und kein Ausweg

Auch eine in derartigen Vereinbarungen regelmäßig enthaltene Freistellung des Samenspenders von sämtlichen Forderungen des Kindes in unterhalts- und erbrechtlicher Hinsicht hilft diesem nichts, wenn die rechtlichen Eltern des Kindes nicht (mehr) über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen. 
Einen effektiven Schutz für den Samenspender gibt es in Deutschland nicht. Risikolos kann nur noch derjenige sein Sperma zur Verfügung stellen, der einkommens- und vermögenslos ist und dies auch zu bleiben gedenkt.

Schließlich sollte ein potenzieller Spender auch nicht planen, eine eigene Familie zu gründen. Seine Frau und die gemeinschaftlichen Kinder werden wahrscheinlich über die Halbgeschwister  aus der Studentenzeit des samenspenden Vaters nicht allzu glücklich sein. Die Zahl der Spender dürfte deshalb in Deutschland auch nach dem Urteil des OLG Hamm erheblich zurückgehen.

Das alte Abstammungsrecht und die neue Wirklichkeit

Das Abstammungsrecht soll für klare Familienverhältnisse sorgen. Seine alten Regeln kollidieren aber in vielen Bereichen mit dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung und der modernen Fortpflanzungsmedizin. 
Lediglich ein einziger Satz der Vorschrift des § 1600 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch  erwähnt die heterologe Insemination, allerdings beschränkt auf heterosexuelle Paare.

Andere Länder sind  weit fortschrittlicher. So hat Österreich seit mehr als 10 Jahren ein Fortpflanzungsmedizingesetz. In fast allen europäischen Ländern außer Deutschland hat das durch Samenspende eines Dritten gezeugte Kind kein Recht, die Vaterschaft seines rechtlichen Vaters anzufechten.

Der Gesetzgeber muss handeln: Von Erzeugern und Vätern

Mindestens einen solchen Anfechtungsausschluss sollte auch ein reformiertes deutsches Abstammungsrecht vorsehen. Eine solche Änderung ist überfällig, auch unabhängig von der Entscheidung aus Hamm, aus der auch das Bundesministerium der Justiz am Mittwoch keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf ableiten wollte. Dabei muss die politische Diskussion um eine Novellierung das verfassungsgerichtlich bestätigte Recht des Kindes beachten, das nicht bereits bei seiner Zeugung Objekt elterlicher Willkür  werden darf.

Auf der anderen Seite aber stehen die Interessen des Samenspenders, der sich Konsequenzen wie Unterhaltspflichten oder die Erbberechtigung eines Kindes bei einer vielleicht Jahrzehnte zurückliegenden Samenspende kaum vorgestellt haben dürfte. Ganz unmittelbar beträfe eine gesetzgeberische Neuregelung auch viele homosexuelle Paare, die sich ihren Kinderwunsch nur per heterologer Insemination erfüllen können.

Vor allem aber  bedarf auch die Familie, in der das per Samenspende gezeugte Kind aufgewachsen ist, der gesellschaftlichen Anerkennung und rechtlichen Absicherung. Der Begriff der rechtlichen Familie täuscht darüber hinweg, dass dieser Verbund vor allem auch die soziale Familie des Kindes ist. Der Mann, der es großgezogen hat, ist sein Vater – nicht nur in rechtlicher Hinsicht. Er hat die Windeln des Kindes gewechselt, es getröstet und seine Hausaufgaben betreut. 
In der Lebenswirklichkeit ist eine Familie längst nicht mehr die Gemeinschaft aus miteinander verheirateten Eltern und ihren beiden leiblichen Kindern. Und vielleicht ist es trotz der Anerkennung des Rechtes des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung für die Familie nicht entscheidend, wer Samenspender war. Auch mittels Samenspende gezeugte Kinder sind trotz der ärztlichen Hilfestellung Kinder der Liebe.

Der Autor Prof. Dr. Dr. Herbert Grziwotz ist Notar in Regen und Zwiesel und Verfasser zahlreicher familienrechtlicher Abhandlungen, insbesondere auch zum Abstammungsrecht.

Mit Materialien von dpa.

Zitat von: OnanismBack

Gaaaaanz "seriöse" Quelle - sehr vieles unglaublisch falsch!!

da du das ja genau zu wissen scheinst kannst doch sicher dazu schreiben was falsch ist.

Würde

 bestimmt viele interessieren.

 

 

Gaaaaanz "seriöse" Quelle - sehr vieles unglaublisch falsch!!

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Entstanden aus einer Samenspende – Fragen zur Abstammung, Anonymität des Spenders, Unterhalt und Vaterschaft

Die Tochter eines anonymen Samenspenders hat das Recht auf die Herausgabe des Namens ihres biologischen Vaters. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm. Was ändert sich dadurch für Spender und Kinder? Ein Interview mit Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Claudia Daniela Berger rund um das Thema Samenspende und das Recht eines Kindes, über seine Abstammung Bescheid zu wissen.

123recht.net: Samenspende bei einer Samenbank - Wie wird man Spender, was passiert mit meinen Daten und meinem Samen?

Rechtsanwältin Berger: Die Auswahl der Samenspender erfolgt durch ein differenziertes Bewerbungsverfahren. Die Spender müssen zumeist zwischen 18 - 40 Jahre alt sein. Bevorzugt werden Personen mit einer höheren Ausbildung oder Studenten. Zudem wird die familiäre Krankheitsgeschichte des Spenders insbesondere auf vorhandene Erbkrankheiten überprüft. Die Spenderdaten müssen nach einer Gesetzesänderung im Jahre 2007 für mindestens 30 Jahre aufbewahrt werden. Die Spende wird nach der Abgabe kältekonserviert und nochmals auf vorhandene Krankheiten untersucht.

Alter, Beruf, Hobbys und Augenfarbe des Spenders

123recht.net: Welche Informationen bekommt die Frau von dem Spender, wenn Sie sich für sein Sperma entschieden hat?

Rechtsanwältin Berger: Die Frau erhält vor der künstlichen Befruchtung in der Regel Informationen über das Alter und den Berufsstand des Spenders, ebenso über persönliche Merkmale wie Augen- und Haarfarbe oder Hobbys. Namen und Anschrift des Spenders werden der Familie hingegen nicht mitgeteilt.

123recht.net: Die Daten des Spenders werden dennoch für 30 Jahre bei der Samenbank gespeichert, warum?

Rechtsanwältin Berger: Zum einen werden die Spenderdaten gespeichert, weil dem gezeugten Kind ein grundrechtlich geschütztes Recht auf Kenntnis seiner Abstammung zusteht. Zum anderen können die Daten auch bei später auftretenden Erkrankungen des Kindes zum Zwecke eines Abgleichs der Krankengeschichte relevant sein.

123recht.net: Bekommt der Samenspender eine Mitteilung, wenn sein Sperma verschickt wurde und daraus ein Kind entstanden ist?

Rechtsanwältin Berger: Der Samenspender unterzeichnet in der Regel einen Vertrag mit der Samenbank, in dem er ausdrücklich auf jegliche Auskünfte hinsichtlich der Verwendung seiner Spende verzichtet.

Kenntnis der genetischen Abstammung wichtiger als Anonymität des Vaters

123recht.net: Welche Auswirkungen hat das Urteil des OLG Hamm für Samenspender?

Rechtsanwältin Berger: Mit dem Urteil des OLG Hamm vom 06.02.2013 wurde klargestellt, dass im Einzelfall das Recht des durch eine heterologe Insemination gezeugten Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung höher gestellt sein kann als das Recht des Samenspenders an der Geheimhaltung der Spenderdaten. In einem solchen Fall kann das Kind von dem behandelnden Arzt Auskunft über seine genetische Abstammung verlangen.

123recht.net: Warum ist das Recht der Tochter wichtiger als das Recht des Vaters auf Anonymität, so wie es eigentlich vereinbart war?

Rechtsanwältin Berger: Das grundrechtlich geschützte Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung wird für die Entwicklung seiner Persönlichkeit als besonders bedeutsam eingestuft. Das Interesse des Samenspenders an der Aufrechterhaltung seiner Anonymität wird im Vergleich dazu als weniger schutzbedürftig angesehen. Dies gilt insbesondere weil der Samenspender auch schon aufgrund der vor dem 06.02.2013 bestehenden Rechtslage damit rechnen musste, später mit einem Auskunftsverlangen eines aus der Samenspende erzeugten Kindes konfrontiert zu werden. Soweit eine entsprechende Aufklärung durch die beteiligte Samenbank nicht erfolgt ist, kann der Samenspender gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Samenbank geltend machen.

Durchsetzung von Unterhaltansprüchen weiterhin schwer

123recht.net: Rückwirkende Unterhaltsansprüche und Kinder, die ihren Vater kennenlernen wollen, können also in Zukunft häufiger werden? Könnte das nicht potentielle Samenspender abschrecken?

Rechtsanwältin Berger: Infolge des Urteils des OLG Hamm werden möglicherweise zukünftig häufiger Spenderkinder versuchen, ihren genetischen Vater ausfindig zu machen. Die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen gegen den genetischen Vater dürfte jedoch erheblich erschwert sein, da zumeist die rechtlichen Eltern im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung mit der Samenbank den Samenspender von etwaigen Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind freigestellt haben. Sollte das Kind seinen Erzeuger dennoch erfolgreich auf Unterhalt verklagen, kann dieser die rechtlichen Eltern des Kindes auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Auch wenn sich die Rechtslage mit dem Urteil des OLG Hamm nicht grundlegend verändert hat, wird die erneute Aufklärung zu diesem Thema möglicherweise dazu führen, dass die Spenderzahlen zurück gehen.

123recht.net: Können Samenspender ihrer Samenbank jetzt rückwirkend die Verwendung der Spenden verbieten?

Rechtsanwältin Berger: Hier kommt es auf die vertragliche Vereinbarung mit der beteiligten Samenbank an. Häufig werden die Spender rechtswirksam auf jegliche Rechte hinsichtlich der weiteren Verwendung der Spende verzichtet haben.

Samenspender haben kein Recht auf Auskunft über mögliche Kinder

123recht.net: Was ist, wenn der Spender auf einmal wissen möchte, ob er ein Kind hat. Kann der Samenspender von sich aus Kontakt herstellen?

Rechtsanwältin Berger: Auch diesbezüglich werden im Vertrag mit der Samenbank zumeist jegliche Auskunftsrechte und eine Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft eines gezeugten Kindes durch den Samenspender wirksam ausgeschlossen. Ein Auskunftsersuchen bei der Samenbank wird somit nicht durchsetzbar sein, weil der Spender bewusst auf seine Rechte verzichtet hat.

123recht.net: Es gibt auch die Möglichkeit, sich privat über eine Samenspende zu einigen. Wo sind die Unterschiede zur Samenbank?

Rechtsanwältin Berger: Die private Samenspende stellt ein zusätzliches Risiko für den Spender dar, da der Familie die Identität des Spenders bereits bekannt ist. Besonders in Fällen von Trennung oder Scheidung kann es dazu kommen, dass der rechtliche Vater die Vaterschaft anficht und der Spender sich dann Unterhaltsforderungen ausgesetzt sieht. Zudem kann es auch passieren, dass der Spender später selbst die Entwicklung seines Kindes nachverfolgen will und seinerseits Ansprüche auf das Kind erhebt. Zudem unterbleibt die Untersuchung der Samenspende auf genetische Krankheiten. Der Entscheidung über eine private Samenspende sollte daher eine umfassende rechtliche und medizinische Beratung vorausgehen.

Private Samenspender: rechtlich und medizinisch beraten lassen

123recht.net: Können private Spender ihre Identität wirksam vor der Empfängerin geheim halten und so Unterhaltsansprüchen entgehen? Was ist, wenn das Kind später den Vater kennenlernen will - ist nicht meist ein Arzt involviert - HIV-Test, Spermiogramm - der die Daten dann ebenfalls nennen muss?

Rechtsanwältin Berger: Ebenso wie bei der Inanspruchnahme einer Samenbank hat das gezeugte Kind später einen Anspruch auf Feststellung seiner genetischen Abstammung. Dieser kann bei der privaten Spende möglicherweise auch gegen einen beteiligten Arzt geltend gemacht werden. Wenn keine wirksame Freistellungsvereinbarung mit den beteiligten Eltern vorliegt, muss der private Spender umso mehr mit einer Inanspruchnahme auf Unterhaltszahlungen rechnen.

123recht.net: Hat das Urteil des OLG auch Auswirkungen auf anonyme Geburten oder Babyklappen?

Rechtsanwältin Berger: Direkte Auswirkungen auf den Gebrauch so genannter „Babyklappen" hat das Urteil des OLG Hamm nicht. Der Bundestag hat aber am 07.06.2013 ein Gesetz zur vertraulichen Geburt beschlossen, das weiterhin Schwangeren in einer Notlage eine anonyme Geburt ermöglichen soll. Das Kind soll jedoch das Recht erhalten, ab dem 16. Lebensjahr eine nur ihm zugängliche Herkunftsurkunde einsehen zu können. Der Mutter soll aber im Härtefall ein Einspruchsrecht hinsichtlich der Weitergabe ihrer persönlichen Daten zustehen. Der Bundesrat muss diesem Gesetz noch zustimmen. Das Gesetz soll am 01.05.2014 in Kraft treten.

123recht.net: Vielen Dank für das Gespräch Frau Berger!

 

Quelle: http://www.123recht.net/Samenspende-fuer-Spender-und-Empfaenger-ein-gutes-Geschaeft-__a148880.html

 

 

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