Kinderwunsch und die Art diesen zu verwirklichen gehört zu den großen
Tabus in unserer Gesellschaft. Ob es darum geht, dass ein hetero Paar oder ein gleichgeschlechtlich lebendes Paar oder eben auch die Singlefrau den Wunsch nach einem Kind verwirklichen wollen, spielt dabei keine Rolle. Wir rühmen uns als so weltoffen und tolerant, doch wenn es um den Kinderwunsch womöglich noch mit Hilfe eines Samenspenders geht, ist die Einstellung der Bevölkerung eher verklemmt und konservativ.

Das gleichgeschlechtlich lebende Paar:
Meist liegt der Wunsch und die Realisierung bei dieser Gruppe am
nächsten. Lesbische Paare planen und überlegen meist in viel jüngeren Jahren Ihren Kinderwunsch. Ebenso ist für fast alle lesbischen Paare
selbstverständlich, dass die Entstehung des Kinders sexfrei von statten geht.
Lesbische Paare verkaufen sich nicht, entweder es kommt die Bechermethode zum Einsatz oder eine Kinderwunschklinik. Ebenso ist es fast allen Paaren ein großes Anliegen, einen offenen Spender zu haben, der zum Zeitpunkt X das Kind kennen lernt. Bei lesbischen Paaren ist auch der geringste "Leidensdruck" vorhanden. Die Spenderkinder wissen von vornherein, dass jemand Drittes geholfen hat, dementsprechend leicht ist ein event. Treffen zwischen Spender und Kind.

Das hetero Paar:
Einer der schwierigsten Gruppen. Meist ist die Konstellation zwischen
beiden Elternteilen schwierig. Jahrelang wurde vergebens versucht den
Kinderwunsch zu realisieren ohne Erfolg. Die Beziehungen sind oft schon deswegen sehr angespannt. Der Mann hat oft ein Schuldgefühl (was natürlich Quatsch ist)gegenüber seiner Frau, da er weiß, er wird niemals den Wunsch seiner Frau nach einem Kind erfüllen können. Wird der Kinderwunsch des Hetro Paares erfüllt, ist das Risiko, dass die Beziehung trotzdem in die Brüche geht extrem hoch. Viele Männer merken erst im Laufe der Jahre, dass die Gewissheit, nicht der Erzeuger des Kindes zu sein, eine Blockade in der Bindung und dem Umgang mit dem Kind nach sich zieht. Ich merke immer wieder, dass diese Belastung wirklich nur bei Paaren, die wirklich lange zusammen sind,gemeistert wird.

Die Singlefrau:
Diese Gruppe muss eigentlich in zwei differenzierte Gruppen aufgeteilt
werden. Zum einen die Frau, die einfach nicht länger auf den richtigen Partner warten möchte und schon in jungen Jahren ihren Kinderwunsch verwirklichen möchte.
Diese Frauen wollen bewusst ohne Partner durchs Leben gehen und
meistern das oft wunderbar. Oft stehen diesen Frauen ein starkes familiäres Umfeld zur Seite. Diese Frauen neigen oft dazu, ihrem Kind später nicht die wahre Begebenheit der Zeugung zu sagen. 

Die zweite Gruppierung sind oft Frauen, die eigentlich vor länger Zeit beschlossen hatten, ohne Familie durchs Leben zu gehen und bewusst sich für ein Leben ohne Kind entschieden haben. Doch zu irgend einen Zeitpunkt kommt diese innere Stimme, die alles vergangene anzweifeln lässt. Im Beruf wurde alles mögliche erreicht und jetzt wo die biologische Uhr angezählt wurde, kommt Panik auf. Und auf einmal ist
er da, der Wunsch nach einem Kind. Oft müssen gerade diese Frauen zum ersten Mal im Leben erkennen, dass ein Wunsch nicht käuflich ist und alles
vielleicht sein kann, aber eine Garantie bekommen diese Frauen zum ersten Mal in ihrem Leben nicht. Was meist nach den ersten erfolglosen Versuchen kommt, ist unendliche Traurigkeit. Diese Frauen setzen sich dann unter einen extremen Druck und kämpfen gegen ihre biologische Uhr.

Die Moral:
Das Recht auf ein eigens Kind hat in meinen Augen jede Frau, egal welche
Gesinnung und welche Umstände dazu beitragen. Frauen, die sich einen
Samenspender zur Erfüllung des Kinderwunsches suchen, gehen fast immer einen seriösen Weg. Denn wenn Frau es darauf anlegen würde, könnte sie auch einen anderen Weg gehen, mit zusätzlichen gesundheitlichen Risiko. Ich finde, dass niemand das Recht hat, den Urinstinkt einer Frau in Frage zu stellen oder zu kritisieren. Dieses Recht der Kritik hat weder eine Religion noch ein Staat. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass wenn der Staat Reproduktionsmedizin für den "Normalbürger" bezahlbar machen  würde, der Bedarf an privaten Samenspender nicht so groß wäre. Familie heute funktioniert nicht mehr wie vor 30 Jahren Unsere Gesellschaft ist im Wandel und das ist auch gut so. 
Ich erlebe es so oft, dass verantwortungsbewusste Frauen sich schon vor der Zeugung des Kindes Gedanken machen, wie sie dem Kind das später
erklären. Ich habe unzählige solcher Gespräche hinter mir und kann nur sagen, dass man dies wirklich gut argumentieren kann gegenüber einem Kind. Ich finde es persönlich nur wichtig, dass die Empfängerin zu einem von Ihr gewählten Zeitpunkt ihrem Kind den Erzeuger nennen kann. Jedes Kind hat ein Recht darauf zu wissen, von wem es Abstammt, nicht nur rechtlich sondern vor allem moralisch. Wenn Kinder im richtigen Alter aufgeklärt werden, man ihnen erzählt, dass ein Freund "geholfen" hat, ist für die Kinder das absolut ok. So kann man auch verhindern, dass die Kinder ein Leben lang auf der Suche nach ihrem Erzeuger sind. Für mich persönlich halte ich es seit Jahren so, dass ich nie auf Familien mit einem Spenderkind,von mir aus zugehe, sollte die entsprechende Frau aber auf mich mit der Bitte eines "Aufklärungsgesprächs" zukommen, ist dies selbstverständlich.

In diesem Sinne

03.10.2012 | 4000 Aufrufe

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